Ein nicht unbeachtlicher Prozentsatz der deutschen Bevölkerung leidet unter Angststörungen, Phobien, Panikattacken. Nicht umsonst gibt es zahlreiche Ratgeber, Seminare und Workshops, die Lösungen versprechen und ein „endlich angstfreies Leben“ propagieren.
Aber ist ein angstfreies Leben wirklich erstrebenswert?
Angst ist ein Gefühl, das sozusagen zur Grundausstattung eines jeden (gesunden) Menschen gehört. Nicht zuletzt verdanken wir es der Angst, dass wir überlebt haben. Hätten wir die Angst nicht, hätten wir seelenruhig dagestanden und weiterhin die hübsche Blumenwiese betrachtet, während der Säbelzahntiger brüllend auf uns zugerannt kam. Keine sonderlich sinnvolle Handlung in dem Moment. Die Angst hat damals unsere Kampf- oder eben Fluchtreaktion in Gang gesetzt. Sie hat uns geholfen, uns schnell in Sicherheit zu bringen. Damit wir weiterhin fleißig unsere Gene weitergeben konnten – bis heute. Nun haben wir heute kein Problem mehr mit wilden Tieren. Dennoch ist es recht spannend, das der Großteil der Menschen mit Phobien nach wie vor Angst vor Spinnen und Schlangen hat, wobei die größere Gefahr heutzutage, realistisch betrachtet, von Kraftfahrzeugen ausgeht. Aber das ist ein anderes Thema.
Fakt ist, dass die Angst uns seit jeher begleitet und uns dabei geholfen hat, uns weiterzuentwickeln. Wir wussten, wir könnten es mit dem Säbelzahntiger nicht aufnehmen, also haben wir Alternativen entwickelt, um uns zu schützen. Wir haben Behausungen gebaut und Strategien entwickelt, den Tiger in Schach zu halten. Ohne die Angst wäre diese Entwicklung kaum möglich gewesen. Die Angst ist also eine wichtige Triebfeder in der menschlichen Entwicklung. Und das ist sie heute noch. Unsere Angst zeigt uns, in welchen Bereichen wir dazulernen, über uns hinauswachsen können. Hier kommt es natürlich wie immer auf das Maß an. Ein bestimmtes Maß an Angst steigert unseren Fokus, schärft die Konzentration, hilft uns, Schwierigkeiten zu begegnen und Herausforderungen anzunehmen.
Bei einer Angststörung ist die Angst allerdings in einem Maß ausgeprägt das dazu führt, dass die Betroffenen wie gelähmt sind und keinen konstruktiven Gedanken mehr fassen können. Sie fallen in eine Spirale an einschränkenden Gedankenmustern und Glaubenssätzen welche sich mit den entsprechenden angstvollen Emotionen wechselseitig verstärken. Die Betroffenen wissen oft, dass ihre Ängste übertrieben sind, können aber in dem Moment nicht aus ihrer Haut.
Man sieht, die Angst ist gar nicht das Problem. Die Schwierigkeit liegt in unserer Bewertung und wie wir damit umgehen. Das Ziel sollte also nicht sein, ein angstfreies Leben zu führen. Es ginge darum, die Angst als Entwicklungshelfer anzuerkennen und wertzuschätzen. Wenn das gelingt, ist ein anderer Umgang mit ihr möglich. Einschränkende Glaubenssätze und Gedankenmuster – auch bezüglich der Angst – entwickeln und verstärken sich im Laufe unseres Lebens – aber sie sind nicht unumkehrbar.
Eine lösungsorientierte Psychotherapie kann helfen, Ängste in den Griff zu bekommen, indem sie dabei unterstützt, Ängste anzunehmen, ihren Wirkmechanismus zu verstehen sowie die eigenen Überzeugungen aufzudecken und gegebenenfalls umzuwandeln. Kein Mensch muss unter Ängsten leiden. Es gibt für jeden die richtige Lösung.