Ausnahmslos jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens mit Herausforderungen konfrontiert, die auch mit psychischen Belastungen einher gehen können. Ein beruflicher Neuanfang, ein Umzug, Liebeskummer, schwere Krankheiten oder der Verlust eines geliebten Menschen. Über die entsprechenden Bewältigungsstrategien zu verfügen macht den entscheidenden Unterschied, ob die Situation gemeistert wird oder eine Anpassungsstörung auftritt.
In der ICD-10 Kapitel V (F), der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen, wird die Anpassungsstörung wie folgt definiert:
„Hier handelt es sich um Zustände von subjektivem Leiden und emotionaler Beeinträchtigung, die soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung, nach einem belastenden Lebensereignis oder bei Vorhandensein oder der drohenden Möglichkeit von schwerer körperlicher Krankheit auftreten.“
Merkmale der Störung sind
- depressive Stimmung, Angst oder/und Besorgnis
- Ein Gefühl, unmöglich zurechtkommen, vorausplanen oder in der gegenwärtigen Situation fortfahren zu können
- Einschränkungen bei der Bewältigung der alltäglichen Routine
- Ein Gefühl, als stehe man kurz vor einem dramatischen, emotionalen Ausbruch
- Bei Jugendlichen Störungen des Sozialverhaltens
Die Diagnose ist sehr subjektiv und äußerst individuell, denn der Übergang von normalem Erleben und Verhalten hin zu einer psychischen Störung ist sehr fließend.
Trauer, Verzweiflung, Wut, Unsicherheit, Aufregung usw. sind zunächst natürlich völlig normale und verständliche emotionale Reaktionen. Sich zurückzuziehen, darüber nachzudenken oder schlecht zu schlafen sind in dem Rahmen auch zunächst keine pathologischen Verhaltensweisen. Gelingt es an dieser Stelle jedoch nicht, Möglichkeiten zu entwickeln, die neue, schwierige oder belastende Situation zu bewältigen, positive Zukunftsperspektiven zu entwickeln und sich neu zu orientieren, kann aus der psychischen Belastung eine Störung werden, die Unterstützung durch einen Therapeuten notwendig macht.
Die Anpassungsstörung dauert zwar in der Regel nicht länger als 6 Monate, kann sich aber durch auftretende Ängste und depressive Symptome chronifizieren, in eine Angststörung oder Depression münden. Daher ist es wichtig, die Störung als solche zu erkennen und sich Hilfe zu suchen. Psychische Belastungen können jeden treffen. Fehlen Möglichkeiten, damit umzugehen ist es kein Zeichen von Schwäche, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Vielmehr zeugt es von einer gesunden Selbstreflektion und der Fähigkeit sich selbst einzugestehen, wenn man an einem bestimmten Punkt nicht allein weiterkommt.
Eine individuelle Therapie kann hier helfen, nützliche Bewältigungsstrategien zu entwickeln, die Situation aus einer anderen Perspektive neu zu bewerten und wieder optimistisch in die Zukunft zu schauen.