Offiziellen Statistiken zufolge nehmen sich jährlich etwa 12.000 bis 15.000 Menschen das Leben. Eine erschreckende Zahl – schockierender ist jedoch die Tatsache, dass ca. 3/4 der Suizidhandlungen, also Selbstmordversuche inbegriffen, vorher angekündigt werden. Ein nicht unbeachtlicher Teil war vorher Behandlung. In der Psychiatrie ist Suizid die häufigste Todesursache.
Es ist ein sensibles Thema. Nicht nur in der Psychotherapie. In Anbetracht der Zahlen wird nahezu jeder Mensch im Leben mit dem Thema Suizid konfrontiert. In der Familie, im Freundeskreis, im beruflichen Umfeld. Und am Ende steht allzu oft die Frage „Hätte man es denn nicht kommen sehen müssen?“.
Suizid kann zum einen eine Affekthandlung sein. Gerade junge Menschen begehen Suizid aus einer instabilen emotionalen Verfassung heraus. Im jungen Alter wird man mit vielen einschneidenden Erlebnissen zum ersten Mal konfrontiert – die erste Trennung, der erste Todesfall, Ablehnung durch andere. Jeder geht anders mit solchen Erfahrungen um. Wenn es an dieser Stelle aber an Strategien mangelt und der soziale Kontakt fehlt bzw. wichtige Bezugspersonen nicht vorhanden oder erreichbar sind, kann das zu einer „Kurzschlussreaktion“ führen, die oft nicht als das erkannt wird, was sie am Ende ist: eine endgültige „Lösung“.
An anderer Stelle hat Suizid eine Appellfunktion. Er soll andere Menschen aufmerksam machen: „Seht, wie schlecht es mir geht, seht wozu ihr mich getrieben habt,… Das habt ihr nun davon, ihr seid schuld an meinem Tod…“ Der Betroffene kann seinen Bedürfnissen und Wünschen anderen Menschen (und sich selbst gegenüber) keinen anderen Ausdruck mehr verleihen, als durch den Suizid(versuch).
Dann gibt es noch den wirklichen Todeswunsch. Die Betroffenen leiden oft unter unheilbaren Krankheiten, schweren psychischen Belastungen oder sehen sich aus anderen Gründen nicht in der Lage, weiterzuleben. Der Tod scheint die einzige Möglichkeit, dem eigenen Leiden ein Ende zu setzen. Die Probleme scheinen nur durch den eigenen Tod zu enden. Diese Suizidversuche sind of gut durchdacht und länger geplant. Und sie sind oft „erfolgreich“.
Auf welche allgemeinen Anzeichen können Sie achten und wie sollten Sie dann reagieren?
Folgende Punkte können ein Hinweis darauf sein, dass sich jemand bereits gedanklich mit der „Lösung“ Suizid beschäftigt. Der Betroffene
- zieht sich immer mehr aus seinem sozialen Umfeld zurück;
- äußert Gedanken der Ausweglosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Mutlosigkeit;
- trifft „letzte Vorbereitungen“: Alle offenen Rechnungen werden bezahlt, Verträge gekündigt, Dinge verschenkt, ggf. Abschiedsbriefe geschrieben;
- wirkt nach einer Phase ausgeprägter negativer Gedanken und Emotionen sowie schwerer Verzweiflung „auf einmal“ ruhig und klar (Achtung: hier könnte die „finale Entscheidung“ bereits gefallen sein).
- spricht offen darüber, dass das Leben keinen Sinn mehr macht oder dass es besser wäre, nicht mehr da zu sein.
Fakt ist, Suizidankündigungen sollten immer ernst genommen werden.
- Empfehlen Sie den Betroffenen unbedingt an einen Psychotherapeuten oder an eine Klinik und stellen Sie sicher, dass er dieser nachgeht. Begleiten Sie ihn, wenn Ihre Möglichkeiten das zulassen oder organisieren Sie eine entsprechende Begleitung.
- Sie müssen nicht gleich den Rettungswagen alarmieren. Vergewissern Sie sich, dass der Betroffene nicht alleine bleibt sondern bei Familienangehörigen oder Freunden unterkommen kann. Bei akuter Gefährdung muss jedoch der Notarzt oder die Polizei verständigt werden.
- Sprechen Sie den Betroffenen ganz offen auf Ihre Sorgen oder Befürchtungen an. Hören Sie zu, seien Sie einfühlsam und bagatellisieren Sie die Probleme nicht. Oft sind Betroffene sehr dankbar, darüber sprechen zu können.
Weitere Hinweise und umfangreiche Situationen finden Sie z.B. auf den Internetseiten der Länder und Städte. Viele Städte haben Programme der Suizidprävention ins Leben gerufen. Darüber hinaus beantwortet der regionale psychosoziale Krisendienst Fragen von Betroffenen und Angehörigen und bietet Unterstützung in akuten Krisen- und Notsituationen.
Es gibt immer eine andere Lösung. Manchmal ist das vielleicht sehr schwer zu glauben aber Suizid ist keine „Lösung“ – er bedeutet das Ende eines wertvollen Lebens, das, wie jedes, Höhen und eben auch Tiefen hat. Und für die Tiefen gibt es viele kompetente Therapeuten, Berater und Ärzte – Menschen, die als erste Ansprechpartner sinnvolle Alternativen bieten können.